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In der gedeuteten Welt: Werke von Rautavaara, Nystedt, Koerppen und Britten

30.10.2022 | 18:00

Den meisten religiösen und philosophischen Deutungen der Welt ist gemeinsam, dass es für sie ein Außen gibt, eine Realität jenseits des unmittelbar Erfahrbaren. Mit den Grenzen der „gedeuteten Welt“ und ihrer Überschreitung setzt sich Rilke in seiner Ersten Elegie auseinander. Am Rand des irdisch Erfassbaren stehen die Engel, teilnahmslos und schrecklich, die Tiere, die menschlicher Erkenntnisgewissheit instinktiv misstrauen, und die „jungen Toten“, gefallene Helden wie Linos, der Sohn des Apollo, aus dessen Tod eine Klage erwächst, eine Musik, die „hinreißt, tröstet und hilft“. Der Mensch, nur in Ahnungen teilhaftig der metaphysischen Kräfte, bleibt auf sich selbst zurückgeworfen, unfähig, zu brauchen oder gebraucht zu werden, sein Schrei bleibt ungehört in der Sphäre der Engel. In seinem Tod verliert alles an Bedeutung, die im Leben „kaum erlernten Gebräuche“, die „versprechenden Dinge“, selbst der eigene Name, weggelassen „wie ein zerbrochenes Spielzeug“. In Rautavaaras gleichnamiger Komposition von 1993 über Rilkes Text entspinnt sich ein quasi symphonischer Bogen aus zwölftönig strukturierten, dennoch tonalen Akkordfeldern.

Der norwegische Komponist Knut Nystedt vertont in seiner Missa brevis (1984) das Messordinarium, das schlussendlich die christliche Antwort auf die Frage nach dem Leid in der Welt gibt: Der Mensch wird stellvertretend durch das Leiden des Gottessohnes von allen irdischen Qualen befreit und erfährt Heil mit Blick auf die Erlösungshoffnung. Auch die Auswahl von sechs Chorliedern des Hannoveraner Komponisten Alfred Koerppen beschäftigt sich mit der Frage nach dem Sinn des Lebens, des menschlichen Leidens und Hoffens; ihre Texte stammen von bedeutenden Dichter:innen wie Matthias Claudius oder Johann Gottfried Herder. Benjamin Britten vertont in Hymn to St. Cecilia op. 27 ein Gedicht von W. H. Auden, das einen Lobpreis auf die Schutzheilige der Kirchenmusik, die Heilige Cäcilie, darstellt. Im Schlussteil des Werks werden verschiedene Musikinstrumente (Geige, Pauken, Flöte, Trompete) lautmalerisch in die Thematik einbezogen, die hier erneut auf verlorene Unschuld, Sündhaftigkeit, die Sinnfrage und menschliches Leiden abzielt, mit einem Verweis auf die heilende und tröstende Kraft der Musik.

Das Konzert wird ergänzt durch einen Vortrag mit theologischer Reflexion des Konzertprogramms von Prof. Dr. Dr. h.c. Margot Käßmann.

Gefördert von Niedersachsen dreht auf.

Details

Datum:
30.10.2022
Zeit:
18:00

Veranstaltungsort

Neustädter Hof- und Stadtkirche Hannover
Rote Reihe 8
30169 Hannover,
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